Unsere Gesellschaft wird immer älter – die Zahl der Personen, die im Alltag auf Hilfe angewiesen sind, steigt. Mit zahlreichen digitalen Lösungen ist es vielen Menschen trotz Hilfebedürftigkeit dennoch möglich, in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Ein Überblick.
Das Wichtigste in Kürze
- Digitale Anwendungen für pflegebedürftige Menschen ermöglichen ein weitestgehend selbstständiges Leben und erhöhen punktuell die Lebensqualität.
- Marktreife Lösungen wie z. B. den digitalen Zutritt gibt es für zahlreiche Wohnbereiche.
- Die Anbieter der digitalen Anwendungen sind sowohl Unternehmen aus der PropTech-Branche als auch klassische IT- und Digital-Unternehmen sowie aus der Pflegebranche.
Pflegebedürftigkeit ein emotionales Thema
Wir leben immer länger – statistisch gesehen – und bleiben zugleich länger fit. Entsprechend länger fällt im Durchschnitt der Lebenszeitraum aus, in dem wir Hilfe im Alltag benötigen. Der Umzug in eine Alters- oder Pflegeeinrichtung ist für die Betroffenen häufig allerdings ein Problem, besonders dann, wenn trotz partieller Hilfebedürftigkeit viele Dinge des Alltags noch selbstständig bewältigt werden können.
Die gewohnte Umgebung der eigenen vier Wände ist eine emotionale Stütze, in der Nachbarschaft wurden oft über viele Jahre soziale Kontakte aufgebaut und gepflegt. Zudem ist die Unterbringung in einer betreuten Einrichtung ein Kostenfaktor. Für eine permanente Unterbringung entstehen in der Regel monatliche Kosten im unteren bis mittleren vierstelligen Euro-Bereich. Hinzu kommt das begrenzte Angebot in manchen Regionen: Nicht jeder, der einen Platz in einer Unterbringen benötigt, bekommt auch einen.
Digitale Anwendungen können einen Umzug hinauszögern oder gar verhindern.
Von der einfachen „Insellösung“ bis zum vernetzten System
Digitale Lösungen (gemeint: Smart-Home-Anwendungen) können modular zusammengestellt werden, um den individuellen Bedürfnissen der pflegebedürftigen Person gerecht zu werden. Die Kombination einzelner „Insellösungen“ ist ebenso möglich wie der Einsatz von Anwendungen, die miteinander verknüpft sind und ein vernetztes System bilden. Man spricht von Ambient Assisted Living (AAL), etwa: Alltagstaugliche Assistenzlösungen für ein selbstbestimmtes Leben.
- Digitales Schließsystem – Die Wohnungstür kann bei einem digitalen Schließsystem sowohl vom Bewohner als auch von Pflegekräften sowie von Familienmitgliedern mit einem kleinen Transponder oder ggf. einer Smartphone-App geöffnet werden. Die Bestellung von kostspieligen Zweit- oder Nachschlüsseln entfällt. Im Notfall kann die Tür auch mit einem Mausklick am Computer geöffnet werden, z. B. von der Einrichtungsleitung.
- Zentrale Steuerung von z. B. Licht, Temperatur, Jalousien und Entertainment-Systemen – Die Steuerung von Licht, Zimmertemperatur sowie von Fernseh- und Hifi-Geräten wird über einen Tablet-Computer geregelt, der intuitiv zu bedienen ist. Die Nutzer können somit ohne Aufzustehen zahlreiche Anwendungen mit nur einem Endgerät steuern.
- Verschiedene Melde-Systeme – Dazu gehören Herdabschaltung in der Küche bei z. B. Demenzerkrankungen, Sturzerkennung im Bad und ggf. weiteren Räumen bei eingeschränkter Mobilität, Aufstehmelder im Schlafzimmer zur Erkennung von Hilflosigkeit, Stromverbrauchs-Melder in der gesamten Wohnung zur Meldung von Inaktivität (wenn der Stromverbrauch ungewöhnlich niedrig ist).
- Weitere Unfall-Präventions-Anwendungen – Dazu gehören z. B. Orientierungslichter im Flur oder Leuchtbänder in Bodennähe, die den Weg zum Badezimmer weisen.
Hinzu kommen Smart-Home-Anwendungen, die auch unabhängig von Pflegebedürftigkeit angeboten werden, wie zum Beispiel Smart Meter für die optimale Nutzung von Strom, Rauch- bzw. CO2-Melder und Mieter-Apps zur Kommunikation mit Pflegepersonal, Hausverwaltern und anderen Mietern/Bewohnern.
KIWI im Bereich AAL
KIWI stattet verschiedene Alters- und Pflegeeinrichtungen mit einem digitalen Türzugangssystem aus, um Bewohnern und Pflegekräften den Alltag zu erleichtern. Zugleich ist KIWI Teil eines Pilotprojekts in Berlin, bei dem Wohnungen eines gesamten Quartiers mit digitalen Anwendungen ausgestattet wurden, um Menschen mit Pflegegrad den Verbleib in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Das Pilotprojekt wurde von einer Wohnungsbaugesellschaft gemeinsam mit einer Krankenversicherung ins Leben gerufen.
Eine voll ausgestattete Musterwohnung, bei der KIWI ebenfalls beteiligt ist, kann in Berlin-Marzahn besichtigt werden. Hier wurden die digitalen Lösungen von insgesamt 44 Partnern aus Forschung, Industrie und Dienstleistung auf 140 Quadratmetern vereint, um eine klassische und zugleich digitale Wohnsituation für Menschen mit Pflegebedarf abzubilden.
Bewohner und Pflegeeinrichtungen gleichermaßen Nutzer
Die Gruppe der Anwender für digitale Hilfs-Anwendungen ist breit gefächert. Sie umfasst sowohl gesunde ältere Menschen, die körperlich und geistig keinerlei beeinträchtigt sind und sich durch digitale Lösungen in erster Linie ein Plus an Komfort versprechen. Diese Personengruppe möchte sich häufig zusätzlich für unvorhergesehene Situationen wie beispielsweise Stürze im Badezimmer absichern.
Zum anderen gibt es Personen mit Pflegegrad, die auf Pflege und Betreuung angewiesen sind und in einer betreuten Wohneinrichtung eine Erleichterung im Alltag sowie ein Plus an Sicherheit durch digitale Anwendungen erlangen.
[download-smart-home-e-book]Zur Gruppe der Nutzer gehören auch die Einrichtungen selbst bzw. deren Personal, die von digitalen Lösungen ebenfalls profitieren. Beim digitalen Schließsystem benötigen Pflegepersonen beispielsweise lediglich einen Transponder für sämtliche Türen. In einem Notfall spart dieser Umstand wertvolle Zeit. Geht ein Transponder verloren, was bei Demenzerkrankten häufiger vorkommt, kann der Transponder umgehend deaktiviert und bei Bedarf wieder aktiviert werden. Der aufwändige und kostspielige Austausch des Schließzylinders ist überflüssig.
Die Anbieter
Zu den Anbietern von Smart-Home-Lösungen für pflegebedürftige Menschen gehören sowohl PropTechs wie KIWI als auch klassische Hersteller von digitalen Geräten und Anlagen. Beachten Sie das Projekt Das digitale Gebäude @2020. Upgrade. Now., bei dem sich acht führende Anbieter digitaler Services zusammengefunden haben, um ein fundiertes Zielbild eines Smart Buildings zu entwickeln.
[newsletter-box]Wohnen im Alter: Wohnformen
Welche Wohnform im Alter die richtige ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören zum Beispiel die gesundheitlichen Voraussetzungen der betreffenden Person, die individuellen Wünsche und Fähigkeiten und natürlich die vorhandenen finanziellen Mittel.
Infrage kommen in der Regel folgende Wohnformen für das Wohnen im Alter:
- Verbleib in der eigenen Wohnung mit externer Hilfe
- Betreutes Wohnen
- Wohngemeinschaft für Senioren
- Altenheim bzw. Pflegeheim
Verbleib in der eigenen Wohnung
Pflegebedürftige Personen, die grundlegende Dinge wie z. B. den Toilettengang auch ohne Hilfe schaffen, können durchaus in der eigenen Wohnung bleiben, wenn eine lückenlose Betreuung gewährleistet ist. Digitale Lösungen können dabei nicht nur eine handfeste Hilfe sein, sondern auch das Vertrauen der betroffenen Personen sowie deren Angehörigen in diese Form des Wohnens stärken.
Unterstützen können z. B. ambulante Pflegedienste und Essenslieferanten („Essen auf Rädern“).
Betreutes Wohnen
Beim betreuten Wohnen, ob nun in den eigenen vier Wänden oder anderenorts, ist durchgängig eine Pflegekraft in der Immobilie, entweder nur tagsüber oder auch 24/7, also auch nachts.
Betreutes Wohnen gibt es auch in speziell dafür ausgestatteten Wohnanlagen, in denen es auch Freizeitangebote gibt.
Gemeinsam Wohnen im Alter: Wohngemeinschaft
Wenn pflegebedürftige Menschen gemeinsam Wohnen im Alter, z. B. in einer Wohngemeinschaft, hat dieses Vorteile sowohl auf sozialer als auch auf finanzieller Ebene. Die Kosten für Pflege und Haushalt fallen in einer Wohngemeinschaft oft signifikant geringer aus als z. B. in einem Ein-Personen-Haushalt.
Alten- bzw. Pflegeheim
Die Unterbringung in einem Alten- bzw. Pflegeheim nennt sich „Vollstationäre Pflege“. Die pflegebedürftigen Personen werden hier lückenlos versorgt und gepflegt.
Julia Rubin verantwortet Marketing und Kommunikation bei KIWI. In der Immobilienwelt ist sie durch ihre vorherige Tätigkeit bei BSR Tochter Berlin Recycling schon lange zuhause. Sie kennt die besten Veranstaltungen und spannendsten Artikel zum Thema PropTech, Smart Home und Digitalisierung und berichtet über interne KIWI News.